Als PDF-Datei

„Mensch sein in der digitalen Zukunft“

Die 85. Bundeselternratstagung (BERT) vom 2.-4. März 2018 an der Freien Waldorfschule Darmstadt endete nach einem erfüllten Wochenende mit der Ankündigung zur nächsten BERT im Frühjahr 2019 in Bexbach im Saarland. Die Tatsache, dass die nächste Bundeselternratstagung im 100-jährigen Jubiläumsjahr stattfindet, spornte die Eltern der gastgebenden Schule dazu an, ihre Einladung in besonderer Weise auszusprechen: In saarländischem Dialekt präsentierten sie ihrem Publikum auf humorvolle Art und Weise die ganz speziellen Seiten des kleinsten Bundeslandes in einem Sketch.

Rückblickend auf die diesjährige 85. Bundeselternratstagung folgten fast 300 Teilnehmer*innen aus allen Bundesländern der Einladung der Bundeselternkonferenz und der Freien Waldorfschule in Darmstadt, sich mit dem Thema „Mensch sein in der digitalen Zukunft“ zu verbinden. Darunter auch Vertreter*innen der Waldorf SV und Vertreter*innen aus den Kollegien.

Im Vorfeld bot sich den Teilnehmer*innen die Gelegenheit, die spezifischen Besonderheiten Darmstadts kennenzulernen. In einem Vorprogramm gab es die Möglichkeit, an einem Besuch der Mathildenhöhe - Darmstadts Wahrzeichen und Stadtkrone, des Hofgutes Oberfeld - einem biologisch-dynamischem Landwirtschaftsbetrieb in unmittelbarer Stadtnähe und des Europäischen Raumfahrtzentrums ESOC - dem Kontrollzentrum der ESA und „Europas Tor zum Weltraum“, teilzunehmen.

Frau Brückmann als Vertreterin des Vorstandes des Waldorfschul- und Kindergartenvereines hieß die Tagungsteilnehmer*innen am Freitagabend herzlich willkommen. Danach übergab sie das Wort an den Schulvater Peter Fischer, der die Tagung als Moderator begleitete. Für einen musikalisch erstklassigen Auftakt sorgten Gabriel Stockinger und Jonathan Hohmann aus der 6. Klasse mit ihrem vierhändigen Klavierspiel.

Im Anschluss leitete Henning Kullak-Ublick, Mitglied des Vorstandes des Bundes der Freien Waldorfschulen, mit seinem Impulsvortrag in das Tagungsthema ein. Er gab einige Einblicke aus seiner früheren 26-jährigen Lehrerzeit und setzte die drei Entwicklungsstufen des Kindes - Laufen, Sprechen und Ich-Entwicklung - in Gegensatz zu drei unterschiedlichen Betrachtungsweisen des menschlichen Organismus:

  1. Dem Transhumanismus, der den Menschen als Mechanismus begreift.
  2. Der Mensch als biologisches System, das es zu optimieren gilt.
  3. Der Mensch als Folge einer biologischen Reaktion, dem Behaviorismus, welche man bändigen muss.

Doch das, was uns als Menschen qualifiziert, sind Individualität und Fähigkeiten, die sich nicht an Geräten entwickeln lassen. Deshalb sind die Erfahrungen mit der wirklichen Umwelt in jungen Jahren zur Bildung eines freiheitlichen Menschenwesens besonders wichtig. Der Mensch lernt am anderen Menschen und steht mit ihm und seiner Umgebung in Beziehung.

Abschließend lud die zur Lounge umfunktionierte Bewegungshalle zu einem gemütlichen Ausklang des Abends ein. Bei alkoholfreien Cocktails namens „Rudi Fruit“, „Steiner Mule“ oder „BERTi“, fanden sich die Teilnehmer*innen schnell zu weiteren anregenden Gesprächen zusammen.

Der Samstagmorgen begann mit einem gemeinsamen Warm-up „Froh zu sein bedarf es wenig“. An dieses Motto knüpfte Herr Prof. Dr. Kreiß, Professor für Finanzierung und Wirtschaftspolitik an der Hochschule Aalen, mit seinem Vortrag „Wege in eine menschliche Wirtschaft“ an. Eindrucksvoll schilderte er die Mechanismen der Europäischen Wirtschaftskette und deren Wirkung. Anhand anthroposophischer Grundsätze zeigte er einen Ansatz zur Wiederherstellung der sozialen Ordnung auf, die in der Anerkennung des geistigen Wesenskerns des Anderen liegt.

In den darauffolgenden 13 Arbeitsgruppen aus den Bereichen Wirtschaft, Bildung und Freiheitsrechte & Demokratie konnten sich die Tagungsteilnehmer*innen dem Thema auf vielfältige Weise nähern. Weitere Themen fanden sich im Open-Space-Format, darunter:
„Motivation“, „Medienplattformen“, „Gelebte Elternwahrnehmung“ und „Wie können Elternvertreter*innen die Medienarbeit an Schulen unterstützen?“.

Die Bundeselternkonferenz legte mit ihren Arbeitsgruppen den Fokus auf die Aufgaben der gemeinsamen „Eltern-Lehrer*innen-Trägerschaft“ und das Thema der „Inklusion“. Parallel zu den Arbeitsgruppen tagten die Mitglieder der Waldorf SV und beschäftigten sich ihrerseits mit dem Thema eines optimierten Aufbaus und dem Gelingen von Landesschüler*innenvertretungen.

Im Bereich Bildung ging es unter anderem um:
„Hilfen der Erlebnispädagogik gegen Mediensucht“, „Mensch und Sprache in der Digitalen Zukunft“, „Medienpädagogik im Elternhaus“ oder um die Frage nach der richtigen „Erziehung im digitalen Zeitalter“.
Der aktiven Begegnung mit dem Tagungsthema hingegen näherte sich Rainer Pawel über die „Eurythmie“.

Weitere Themen, wie z. B.:
„Die Philosophie der Freiheit und der Wert des Lebens in einer digital geprägten Gesellschaft“, „Das Smartphone - mein Personal Big Brother?“, „WLAN im Klassenzimmer - das Schädigungspotential für die Gesundheit und das Lernen“, „Wirtschaft und Macht“ oder „Das Bedingungslose Grundeinkommen zwischen Digitalisierung und Demokratie“, wurden in den Bereichen Wirtschaft und Freiheitsrechte & Demokratie behandelt.

Am Samstagnachmittag versammelten sich die Tagungsteilnehmer*innen dann wieder in der mittlerweile kreisrund bestuhlten Turnhalle. In einer „Fishbowl-Diskussion“ ging es dann um „positive Zukunftsvisionen“. Mit fortschreitender Diskussion meldeten sich immer mehr Vertreter*innen der Waldorf SV zu Wort. Sie betonten, wie wichtig eine starke Willens- und Persönlichkeitsbildung als Voraussetzung für einen kompetenten Umgang mit neuen Medien ist. Zum Schluss waren sich alle einig: Bei so engagierten Schüler*innen, die keinen Zweifel daran ließen, sich den Herausforderungen der Zukunft zu stellen, kann man dieser vertrauensvoll entgegenblicken.

In fester Hand der Jugend lag auch der Bunte Abend, der vom „Circus Waldoni“ gestaltet wurde. Das Zirkusprojekt ist weit über Darmstadt hinaus bekannt und auch international tätig. Gemütlich wurde es abschließend wieder in der Lounge bei musikalischen Klängen, wo einige Teilnehmer*innen noch bis spät in die Nacht hinein beisammensaßen.

Umso größer die Herausforderung für Britta Ferger am nächsten Morgen beim Warm-up. Doch schließlich gelang es ihr, auch die letzte Müdigkeit aus den Gliedern zu vertreiben, und alle waren bereit für den Tagungsrückblick. In Kleingruppen von fünf möglichst fremden Personen tauschten sich die Teilnehmer*innen ein letztes Mal über ihre Zukunftsvisionen aus.

Das Abschlussplenum kündigte dann das bevorstehende Ende einer rundum gelungenen Tagung an. Neben der Vorstellung der Vertreter*innen aus den einzelnen Bundesländern in der Bundeselternkonferenz und den Berichten aus ihren Delegationsarbeiten, stellten auch die Mitglieder der Waldorf SV sich und ihre Arbeit vor. Weitere aktuelle Hinweise und viele wertvolle Informationen aus der Waldorf-Schulbewegung lieferten die Berichte zu „Waldorf 100“, den „Freunden der Erziehungskunst“ mit ihrer „Bully-Tour“, dem bundesweiten Jugendchorprojekt „Cantare“ und vieles mehr.

Die Tagung endete schließlich mit großem Beifall und einem ganz besonderen Dank an die gastgebende Schule und allen beteiligten Helfer*innen. Aber auch dem Organisationsteam der Bundeselternkonferenz und den Referent*innen sei herzlich gedankt. Ebenso allen Schüler*innen, Eltern, Lehrer*innen und Mitgliedern des Bundes der Freien Waldorfschulen für das zahlreiche Kommen. Und so verbanden sich die schönen Eindrücke der vorübergegangenen Tagung mit der Vorfreude auf die nächste Bundeselternratstagung vom 29.-31. März 2019 in Bexbach im Saarland.

Doch allzu lange muss niemand auf ein weiteres Treffen auf Bundesebene warten. Bereits vom 28.-30. September 2018 findet der Bundeskongress in Nürnberg statt. Diese Veranstaltung dient der Begegnung und dem gemeinsamen Austausch der Eltern, der Delegierten aus den Kollegien, der Erzieher*innen, der Vertreter*innen der Waldorf SV, der heilpädagogischen Einrichtungen und der pädagogischen Sektion. In diesem Jahr ist er dem besonderen Alleinstellungsmerkmal der Waldorfpädagogik, dem Bemühen der Gestaltung der Entwicklungsumgebung und Ermöglichung der Entfaltung der Individualität gewidmet.

Abschlussbericht BERT 2018
Gerdi Horn, BERT Organisatorin, Bundeselternkonferenz
Philipp Heinz, BERT Organisationsteam, FWS Darmstadt
Xantine Ramin, ÖA, Bundeselternkonferenz

 

Bund der Freien Waldorfschulen
3